Die Entscheidung, einen Kaffeevollautomaten mit Milchsystem anzuschaffen, kann einen von zwei Gründen haben: So kann es um den Geschmack gehen, denn Cappuccino oder Latte Macchiato mit echtem Milchschaum oder Kakao mit richtiger Milch hat in dieser Hinsicht einen deutlichen Vorsprung vor industriellen Mischungen aus Kaffeemehl oder Kakaopulver mit Milchpulver.
Oder es geht um die Bedienungsfreundlichkeit und den Zeitgewinn gegenüber dem manuellen Aufschäumen, denn die Zubereitung gestaltet sich fast so mühelos wie bei Kaffeevollautomaten mit industriellen Mischungen.
So oder so – bei der Entscheidung für einen Automaten mit Milchsystem gibt es Einiges zu bedenken.
Milchschaum erfordert Sorgfalt – in zweifacher Hinsicht
Für Einsatzszenarios, die auf möglichst unkomplizierte Weise und mit möglichst wenig Aufwand möglichst viele Tassen täglich produzieren sollen, ist ein Kaffeevollautomat mit Milchsystem nicht unbedingt die optimale Lösung. Der Einsatz von Milch erfordert zusätzlich Arbeit und Zeit.
Soll aber jede Kaffeepause zu einem imaginären Kurzurlaub in einer italienische Kaffeebar werden und kommt es auf authentische Kaffeequalität mit hohem Genussfaktor an, kann der Automat mit Milchsystem durchaus die richtige Wahl sein.
Hygiene als Entscheidungsfaktor
Unabhängig davon, welches Milchsystem zum Einsatz kommt – ein Kaffeevollautomat mit Milchsystem kann nicht wochenlang unbeaufsichtigt vor sich hinarbeiten. Das liegt natürlich an der Milch, denn die ist ein Frischprodukt. Wird Milch am Kaffeeautomaten vorgehalten, ergibt sich ein hygienischer Aspekt, der nicht unterschätzt werden darf.
Eine Lösungsvariante könnte der Einsatz von H-Milch sein. Diese Milchvariante hält quasi unbegrenzt – manche sagen, sie könnte selbst einen nuklearen Erstschlag unbeschadet überstehen. Allerdings ist der Geschmack diskussionswürdig. Das liegt vor allem daran, dass H-Milch nicht für die Erwärmung mit heißem Wasserdampf geeignet ist. Der Geschmack verändert sich auf eine Weise, die nicht jedermanns Sache ist.
Für Kaffeevollautomaten gibt es im Wesentlichen drei Arten, mit Frischmilch umzugehen. Für alle drei gilt:
Milch sollte in kaltem Zustand aufgeschäumt werden. Doch gerade die Temperatur ist ein Aspekt, der bei Automaten mit Milchsystem ganz besonders im Mittelpunkt steht:
Kaffeevollautomaten mit Milchtank
Es gibt zwei Bauarten dieser Kategorie: Automaten mit externem Milchtank und solche mit integriertem Tank. Das Fassungsvermögen liegt meist zwischen einem halben und einem ganzen Liter. Die Funktionsweise ist bei beiden gleich: Auf Knopfdruck wird Milch über die Zuleitung aus dem Tank in die Aufschäumeinheit gesaugt, dort mit Wasserdampf durchsetzt und in die Tasse oder den Becher abgegeben.
Dennoch gibt es einen fundamentalen Unterschied, der bei Kaffeevollautomaten mit Milchsystem von grundsätzlicher Bedeutung ist: Frischmilch gehört eigentlich in den Kühlschrank. Innerhalb eines Milchtanks ist ihre Verwendungsdauer deutlich eingeschränkt. Das gilt insbesondere in nicht gekühlten Tanks und – ganz besonders – bei Tanks, die in den Automaten integriert sind, denn hier wird die Milch nicht nur nicht gekühlt, sondern durch das Heizsystem für das Wasser indirekt erwärmt.
Die Entnahmegeschwindigkeit entscheidet
Ist der Milchtank in der Regel nicht bereits nach einem halben Tag leer, sollte lieber eine Maschine mit externem Tank zum Einsatz kommen. Doch auch hier wird die Milch bei Raumtemperatur bereitgehalten und sollte spätestens noch am gleichen Tag aufgebraucht werden.
Was nicht passieren sollte: Milch über Nacht im Tank lassen. Wenn es unbedingt sein muss, kann der Tank im Kühlschrank übernachten, doch auch dann sollte berücksichtigt werden, dass die Milch bereits einen Tag bei Raumtemperatur hinter sich hat. Sicher ist sicher – lieber frische Milch verwenden.
Einige Modelle bieten Isoliertanks, in denen die Milch länger kühl bleibt. Das ist sicherlich ein sinnvolles Feature bei geringerem Verbrauch. Dennoch: Auch Isoliertanks halten die Temperatur nicht ewig – regelmäßige Kontrolle ist unerlässlich.
Tankreinigung – für die Hygiene entscheidend
Es ist so verlockend: Wenn es schnell gehen soll mit dem Cappuccino, und ausgerechnet jetzt ist der Milchtank leer – warum nicht die frische Milch direkt nachschütten, es sieht ja niemand. Im Interesse der eigenen Gesundheit darf es bei der Hygiene keine Kompromisse geben:
Nach jeder Füllung sollte der Tank gereinigt werden – zumindest durch gründliches Ausspülen unter fließendem Wasser – bevor frische Milch hineinkommt. So viel Zeit muss sein.
Auch die Aufschäumeinheit benötigt regelmäßige Reinigung. Wie das geht, steht in der Betriebsanleitung des jeweiligen Geräts. Eine Reihe von Geräten sehen automatisch ablaufende Reinigungs- und Entkalkungsläufe vor. Die gewissenhafte Befolgung – und vor allem die Einhaltung der vorgegebenen Zeitspannen – ist dringend anzuraten.
Kaffeevollautomaten mit Milchschlauch
Diese Maschinenvariante macht mit allen Problemen Schluss, die mit der Hygiene und der Reinigung von Milchtanks verbunden sind. Es gibt lediglich einen Schlauch, der zur Aufschäumeinheit führt. Und der kann in alles getaucht werden, das Milch enthält, zum Beispiel einen Literkarton Frischmilch.
Das ist einerseits bestechend, was den Pflegeaufwand von Milchtanks betrifft, löst aber die besonderen Bedingungen von Frischmilch bei Raumtemperaturen nicht in Wohlgefallen auf. Auch hier gelten die Hygienerichtlinien für Milch: Möglichst am gleichen Tag verbrauchen und nicht am Folgetag nochmals verwenden.
Barista-Meisterklasse: die Milchdüse
Die aufwendigste und gleichzeitig hochwertigste Methode, um Milchschaum herzustellen, ist die Dampfdüse. Sie ist bei den hochwertigen Kaffeevollautomaten, die dieses Feature aufweisen, mit einem zweiten Wasserkreislauf verbunden, der nur für das Aufschäumen zuständig ist.
Auch aus hygienischer Sicht stellt die Dampfdüse die optimale Lösung dar. Der gekühlten Milch wird nur die Menge entnommen, die für die aktuelle Zubereitung erforderlich ist. Dass das die Methode mit dem höchsten Arbeits– und Zeitaufwand darstellt, versteht sich von selbst.
Mit der Düse zur Latte Art
Der einzige Weg, Latte Art zu erzeugen, also kunstvolle Bilder zu zaubern, die mit Milch auf den Kaffee gemalt werden, ist das Aufschäumen mit der Milchdüse. Weder Milch aus dem Tank noch über den Milchschlauch kann das erreichen, denn hier laufen fest eingestellte Aufschäumprogramme ab, die keinen Raum für kreative Gestaltung lassen.
Doch der Weg zur Latte Art-Meisterschaft erfordert nicht nur viel Übung. Es ist auch die richtige Milchdüse erforderlich – und das ist das Problem. Leider hat sich bei den meisten Herstellern von Kaffeevollautomaten für den privaten und gewerblichen Bereich die Tendenz durchgesetzt, Milch möglichst stark zu schäumen, also aus möglichst wenig Milch möglichst viel Schaum zu gewinnen. Das Ergebnis ist eine relativ geschmacklose Masse, die weder sensorisch noch optisch professionellen Ansprüchen genügt.
Professionelle Latte Art erfordert vier Dinge: regelbaren Dampfdruck, eine Manometeranzeige, fettarme Milch und eine speziell konstruierte Düse, die Mikromilchschaum erzeugen kann, also Schaum mit besonders kleinen Luftblasen. Milchschaum, der sich für Latte Art eignet, ist sehr schwach geschäumt, fast noch flüssig, etwa wie halb geschlagene Sahne, wie man sie für Irish Whisky verwendet.
Zwar kein Vollautomat, aber eine wirklich empfehlenswerte Maschine für die Herstellung hochklassiger italienischer Kaffeespezialitäten und schönster Latte Art ist beispielsweise die SAGE SES875 the Barista Express zu knapp 600 Euro.
Kaufen, leasen, mieten – vom Anwendungsprofil abhängig
Gerade bei Kaffeevollautomaten mit Milchsystemen, die für höhere Tassenmengen ausgelegt sind, stellt der Kauf nicht unbedingt die wirtschaftlich sinnvollste Form des Erwerbs dar. Liquidität sollte für Investitionen zur Verfügung stehen, die unmittelbar mit dem Geschäftsgegenstand zu tun haben und nicht mit Gütern des sekundären Bedarfs.
Es könnte die sinnvollere Strategie sein, die betriebliche Liquidität zu schonen und den Kaffeevollautomaten auf dem Wege einer Finanzierung zu erwerben. Ob sich dafür Miete oder Leasing anbietet, hängt im Wesentlichen von den Begleitumständen und der Nutzungsdauer ab.
Der wesentliche Nachteil bei der Miete sind die vergleichsweise hohen Kosten. Ein weiterer Nachteil zeigt sich bei Vertragsende: Die käufliche Übernahme ist bei Mietverträgen in der Regel nicht vorgesehen – der Kaffeevollautomat geht zurück an den Vermieter.
Gerade bei langfristiger Verwendung ist Miete daher nicht die optimale Finanzierungslösung. Weder eine sinnvolle Finanzplanung noch eine vorteilhafte steuerliche Behandlung stehen damit im Einklang.
Bei kurzfristiger Nutzung kann sich Miete allerdings als optimale Lösung erweisen, wenn der Automat nur vorübergehend genutzt wird. Das kann an einem provisorischen Standort der Fall sein oder beispielsweise auf einer Messe.
Wenn es darum geht, bei längerer Nutzung die Liquidität zu schonen, bietet sich Leasing als geeignete Lösung an. Dazu kommt der günstige steuerliche Aspekt, so wie es auch viele Steuerberater empfehlen: Am vorteilhaftesten ist eine Leasinglaufzeit, die der betrieblichen Abschreibung des Automaten entspricht.
Auch die Kaufoption am Ende der Vertragslaufzeit ist ein Vorteil beim Leasing. Ist sie vereinbart – und das muss ausdrücklich im Vertrag festgelegt sein – kann das Gerät am Ende der Leasingzeit herausgekauft werden. Wer sich diese Option offen lassen möchte, sollte den Vertrag vor Abschluss gründlich auf die Existenz einer solchen Klausel prüfen.
Fazit
Kaffeevollautomaten mit Milchsystem sind eine Alternative für eher kleinere Betriebe, die auf hohe Kaffeequalität Wert legen und dafür den erhöhten Aufwand bei der Zubereitung in Kauf nehmen. Dabei sollte man die besonderen Bedingungen für das Bereithalten von Frischmilch bei Raumtemperatur und auf die hygienischen Aspekte bei Automaten mit Milchtank nicht aus den Augen verlieren. Miete empfiehlt sich bei kurzfristiger Nutzung von Automaten mit Milchsystem. Leasing stellt bei längerfristiger Nutzung die steuerlich und wirtschaftlich vorteilhaftere Lösung dar.